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Unsere Forderungen zur Landtagswahl NRW 2022

Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung ist ein lukratives Geschäft und ein weltweites Phänomen. Betroffen von dieser Form der modernen Versklavung sind besonders Frauen und Kinder, die Menschenhändlern zum Opfer fallen und in der Sexindustrie in Bordellen und anderen Prostitutionsstätten ausgebeutet werden.


Bereits 2014 hat das Europäische Parlament in einer Resolution[1] seine Mitgliedstaaten zur Einführung des Nordischen Modells aufgefordert, das die Kriminalisierung aller Profiteure dieser Menschenrechts­verletzung vorsieht, um Menschenhandel wirksam zu bekämpfen und Betroffene zu schützen. Deutschland hat sich jedoch für einen liberalen Umgang mit der Thematik entschieden und dem Menschenhandel Tür und Tore geöffnet. Wir verweisen auf eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e.V., wonach nicht einmal die 2016 extra überarbeiteten Strafvorschriften gegen Menschenhandel in Deutschland Wirksamkeit entfalten[2].

Das Bündnis NRW pro Nordisches Modell stellt folgend seine Forderungen an die künftige Landesregierung vor, die der Bekämpfung sexueller Ausbeutung dienen:

  1. Freier-Bestrafung
  2. Entkriminalisierung der Prostituierten
  3. Prävention und Aufklärung
  4. Ausbau von Schutz und Ausstiegshilfen
  5. Bekämpfung der Organisierten Kriminalität
  6. Löschung der Lola-App

Unsere ausführlichen Forderungen für NRW entnehmen Sie der beigefügten PDF-Datei:


[1] https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-7-2014-0071_DE.html

[2] Bartsch, Tillmann / Labarta Greven, Nora / Schierholt, Johanna / Treskow, Laura / Küster, Robert / Deyerling, Lena / Zietlow, Bettina (2021): Evaluierung der Strafvorschriften zur Bekämpfung des Menschenhandels (§§ 232 bis 233a StGB) – Forschungsbericht (hrsg. vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e.V.). Hannover, oSnline: https://www.bmj.de/DE/Ministerium/ForschungUndWissenschaft/Evaluierung_Strafvorschriften_Bekaempfung_Menschenhandel/Bericht_Evaluierung_Strafvorschriften_Bekaempfung_Menschenhandel.html;jsessionid=352CFCFED6D469E168E4551EB37EB083.2_cid289?nn=16914790 (zuletzt abgerufen am 28.04.2022)

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Pressemitteilung

Stellungnahme zur Veranstaltung „Situation der Prostituierten in Bayern und zur Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes in Bayern“

Stellungnahme des Bündnisses NRW pro Nordisches Modell

zur Anhörung über „Situation der Prostituierten in Bayern und zur Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes in Bayern“

1. Vorbemerkung zur Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchG) in Bayern

Wir begrüßen es, dass sich der Bayrische Landtag am 12.05.2022 mit der aktuellen Situation der Prostituierten in Bayern auseinandersetzt und der Frage nachgeht, ob die aktuelle Gesetzeslage Prostituierte ausreichend schützt und die Organisierte Kriminalität, den Menschenhandel und die Zwangsprostitution eindämmt oder gar verhindert. Prostitution und Menschenhandel sind grenzüberschreitend und machen nicht an Grenzen einzelner Bundesländer halt. Es handelt sich um ein globales Problem, dem nur grenzüberschreitende Maßnahmen entgegengesetzt werden können. Es ist dementsprechend unerheblich, wie das Prostituiertenschutzgesetz in Bayern umgesetzt wird, Ausbeutung und Gewalt wird es nicht verhindern können.

Prostitution wird seit jeher versucht zu regulieren. 2002 wurde durch das Prostitutionsgesetz erstmals der Versuch gestartet, die Rechte und soziale Absicherung von Prostituierten zu stärken und das Gewerbe dem Rotlichtmilieu zu entkoppeln. Die Bundesregierung hat bereits 2007 eingeräumt, dass die Zielsetzungen des Prostitutionsgesetzes nur zu einem begrenzten Teil erreicht worden sind.[1] Prostituierte sind so gut wie nicht sozialversichert und durch die Liberalisierung hat die organisierte Kriminalität zu- statt abgenommen. Deutschland ist zum Bordell Europas geworden.[2] „Die Ausstiegsmöglichkeiten aus der Prostitution sind durch das Prostitutionsgesetz nicht erkennbar verbessert worden.“[3] Ebenfalls gescheitert ist das Prostituiertenschutzgesetz: Ende 2020 waren rund 24.900 Prostituierte bei Behörden angemeldet.[4] Somit sind ¾ von geschätzten 200.000 Prostituierten im sog. Dunkelfeld. „Freiwillige“ Prostitution und Menschenhandel lassen sich nicht voneinander trennen.

Wir übernehmen nicht das verharmlosende Wording der Sexindustrie (Lobby), die mit Begriffen wie „Sexarbeiterin“, „Sexarbeit“, „Kunde“ oder „Sexkäufer“ das System Prostitution als Arbeit wie jede andere darzustellen versucht und das übergriffige Handeln der Freier legitimiert. Prostitution ist weder Sex noch Arbeit. Durch den Austausch von Geld kann niemals nicht-konsensualer Geschlechtsverkehr einver­nehmlich gemacht werden (nicht konsensualer bzw. nur einseitig gewollter GV ist Gewalt). Es entsteht ein Machtgefälle zugunsten des Freiers, der sich das „Recht erkauft“, einen sexuellen Übergriff gegenüber einer zumeist schlechter gestellten Frau in einer prekären Lage auszuüben. Sobald es sich um eine Zwangsprostituierte oder um ein Opfer von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung handelt, ist jeder Freier ein Vergewaltiger. Begriffe wie „Sexarbeiterin“ oder „Sexarbeit“ führen außerdem zu einer Normalisierung und Aberkennung von Gewalterfahrungen der Prostituierten.

Sandra Norak, Überlebende der Prostitution, Juristin und Gründerin von Ge-STAC, schreibt dazu: „Anstatt ihre erlebte Gewalt anzuerkennen, wird die Gewalt durch den Begriff ‚Arbeit‘ unsichtbar gemacht. Das lässt viele Betroffenen an sich selbst zweifeln, weil ihr richtiges Erleben und die Einordnung dieses Erlebens als Gewalt von dem Begriff ‚Arbeit‘ in den Schatten und damit in Frage gestellt wird. Sie zweifeln an sich selbst, denken oft, sie müssen es aushalten können. Es sei ja nur eine ‚Arbeit‘.“[5]

2. Auswirkungen des Prostitutionsgesetz (ProstG) und ProstSchG in Bayern

Unsere BündnispartnerInnen, die in der Beratung von Prostituierten haupt- oder ehrenamtlich tätig sind, schildern, wie schwer es ist, ein Vertrauensverhältnis zu den Frauen aufzubauen, da sie immer wieder „reisen“, also den Ort wechseln um unterschiedlichen Freiern zur Verfügung gestellt zu werden. Daher ist anzunehmen, dass die Zahl der angemeldeten Prostituierten nicht verlässlich ist. Nur weil sich eine Prostituierte in München angemeldet hat, heißt es nicht, dass sie sich in München prostituiert bzw. prostituieren muss. Festzustellen ist, dass weder das 2002 erlassende Prostitutionsgesetz noch das nach Bekanntwerden des Nachbesserungsbedarfes im Jahr 2017 erlassene Prostituiertenschutzgesetz zu einer verbesserten Lage der Prostituierten geführt hat. Prostituierte sind beinahe nie sozialversicherungspflichtig angestellt, sie sind als Selbstständige so gut wie nie krankenversichert.

Corona hat die schwierigen Lebenslagen der Prostituierten wie unter einem Brennglas verdeutlicht: Obdachlosigkeit, fehlende finanzielle Rücklagen sowie fehlende soziale Kontakte der Frauen wurden sichtbar. Das gilt nicht nur für ausländische bzw. migrantische Prostituierte. Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass vielen deutschen „freiwillig“ in die Prostitution eingestiegenen Frauen in ihrer Kindheit und/oder Jugend sexuelle Missbrauchserfahrungen widerfahren sind und sie letztlich in die gleiche Gewaltspirale in der Prostitution geraten[6].

Weder die Gesundheitsberatung noch die Anmeldepflicht haben dazu geführt, das Gewerbe vom Rotlichtmilieu abzugrenzen und aus den Fängen der Organisierten Kriminalität zu befreien. Schlussendlich lässt sich feststellen, dass auch der zweite Versuch (Einführung des ProstSchG), Prostitution zu einem gewaltfreieren und ausbeutungsärmeren System zu machen, gescheitert ist.

3. Illegale Prostitution, Zwangsprostitution, Menschenhandel

Wie bereits erwähnt spiegeln die Anmeldezahlen von Prostituierten nicht die reale Anzahl an Prostituierten wider. Aufklärungskampagnen wie die Exit.NRW Kampagne[7] des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen schrecken weder Freier ab, noch halten sie die Organisierte Kriminalität von ihrem Handel ab. Frauen werden aus den Armenhäusern der Welt wie Rumänien, Bulgarien sowie asiatischen oder afrikanischen Ländern (Nigeria) rekrutiert oder unter falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt bzw. verschleppt. Nachweislich werden in Deutschland Zwangsprostitution und Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung strafrechtlich nicht ausreichend erfolgreich geahndet, sondern können unter den Bedingungen einer legalen Sexindustrie weiter unbemerkt ausgeführt werden. Es gibt so gut wie keine Verurteilungen. Hierzu verweisen wir auf die Studie des Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e.V., wonach nicht einmal die 2016 extra überarbeiteten Strafvorschriften gegen Menschenhandel in Deutschland Wirksamkeit entfalten.[8]

4. Handlungsbedarfe und Zukunftsperspektiven

Wie kann Deutschland Minderjährige, Frauen, Männer und trans Menschen vor Zwangsprostitution und Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung schützen? Da die beiden Regulierungsversuche Deutschlands (ProstG und ProstSchG) gescheitert sind und Deutschland den Menschenhandel strafrechtlich nicht angemessen ahndet, muss ein Umdenken in der Prostitutionspolitik einsetzen. Als Bündnis NRW pro Nordisches Modell schließen wir uns der völkerrechtlichen UN-Konvention zur Unterbindung des Menschenhandels und der Ausnutzung der Prostitution anderer von 1949 an. In der Präambel heißt es:

„…[dass] die Prostitution und das sie begleitende Übel des Menschenhandels zum Zwecke der Prostitution mit der Würde und dem Wert der menschlichen Person unvereinbar sind.“[9]

Zudem verweisen wir auf die Resolution des Europäischen Parlaments „über sexuelle Ausbeutung und Prostitution und deren Auswirkungen auf die Gleichstellung der Geschlechter“ von 2014[10]. Es fordert alle europäischen Länder auf, in ihrer Gesetzgebung dem sogenannten Nordischen Modell zu folgen. In der Resolution wird u.a. festgestellt, „dass Prostitution eine Form der Sklaverei darstellt, die unvereinbar mit der Menschenwürde und den Grundrechten ist.“ Auch wir als Bündnis fordern eine menschenrechtssensible Gesetzgebung nach dem Vorbild des sogenannten Nordischen Modells, das u.a. bereits in Schweden, Norwegen, Island, Irland und Nordirland, Frankreich und zuletzt in Israel umgesetzt wird:

  1. Entkriminalisierung der prostituierten Frauen, Männer und trans Menschen
  2. Kriminalisierung und wirksame Strafverfolgung aller Profiteure: FreierInnen, ZuhälterInnen/Loverboys, Bordellbetreibende und Menschenhändler
  3. Ausbau von Ausstiegshilfen (bundesweit und flächendeckend), Schutz- und Unterstützungsangebote
  4. Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit durch antisexistische Erziehung und Prävention mit dem Ziel eines gesellschaftlichen Umdenkens

Fazit

Nach zwei Versuchen der Regulierung sollte sich Deutschland eingestehen, dass sich ein System, das niemals auf Freiwilligkeit beruht, allerdings auf Ausbeutung, Gewalt und kriminellen Strukturen, statt einer dritten (und vierten und fünften…) Nach-besserung nur ein Umdenken in der Prostitutionspolitik helfen kann. Zwangs-prostitution und Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung machen die Frauen psychisch und physisch krank. Der deutsche Staat kommt seiner Schutzpflicht nicht nach, Prostitution als geschlechtsspezifische Gewalt zu definieren und die Frauen zu schützen. Wir fordern kein Prostitutionsverbot, das die Frauen in die Kriminalität treibt, sondern die generelle Freier-Bestrafung, die den Fokus auf das Handeln der Freier legt und diese zur Verantwortung zieht. Wenn Männer Frauen vermeintlich legal zur sexuellen Benutzung kaufen dürfen, stellt diese Politik ein unüberwindbares Hindernis zur Gleichstellung der Geschlechter dar. Daher betrifft Prostitution alle Mädchen und Frauen einer Gesellschaft.


[1] Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) (2007): Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten (Prostitutionsgesetz – ProstG). Berlin, online: bericht-der-br-zum-prostg-broschuere-deutsch-data.pdf (bmfsfj.de) S. 80

[2] DER SPIEGEL 22/2013 – Inhaltsverzeichnis Titelbild Ausgabe Nr. 22 vom 26.05.20213

[3] BMFSFJ ebd.

[4] Prostituiertenschutz – Statistisches Bundesamt (destatis.de)

[5] https://sandranorak.com/sexarbeit/

[6] Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: „Lebenssituation, Sicherheit und Gesundheit von Frauen in Deutschland“, Schröttle/Müller 2004

[7] Siehe https://www.mhkbg.nrw/exit.nrw

[8] Bartsch, Tillmann / Labarta Greven, Nora / Schierholt, Johanna / Treskow, Laura / Küster, Robert / Deyerling, Lena / Zietlow, Bettina (2021): Evaluierung der Strafvorschriften zur Bekämpfung des Menschenhandels (§§ 232 bis 233a StGB) – Forschungsbericht (hrsg. vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e.V.). Hannover, online: https://www.bmj.de/DE/Ministerium/ForschungUndWissenschaft/Evaluierung_Strafvorschriften_Bekaempfung_Menschenhandel/Bericht_Evaluierung_Strafvorschriften_Bekaempfung_Menschenhandel.html;jsessionid=352CFCFED6D469E168E4551EB37EB083.2_cid289?nn=16914790

[9] https://www.un.org/depts/german/uebereinkommen/ar317-iv.pdf

[10] https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/A-7-2014-0071_DE.html

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Prozess im Landgericht Düsseldorf gegen mutmaßlichen Loverboy!

In Düsseldorf hat am 25. Januar 2022 der erste Verhandlungstag gegen einen Mann begonnen, der junge Frauen getäuscht und zur Prostitution gezwungen haben soll.


Der Mann hat Medienberichten zufolge jungen Frauen als sogenannter Loverboy die große Liebe vorgespielt, um sie anschließend in die Prostitution zu drängen. Das jüngste seiner Opfer war zu der Zeit 15 Jahre alt.

Dem 32-jährend droht nun eine lange Haftstrafe, unter Anderem wegen Zuhälterei und sexuellem Missbrauch von Minderjährigen.
Doch was ist mit den Freiern, die sich der Notlage der Frauen bedienten und diese missbrauchten?

Es ist nicht anzunehmen, dass auch nur einer der Freier der betroffenen Frauen eine Anklage oder gar eine Strafe zu erwarten hat.


In einem Land, das Prostitution völlig liberalisiert hat, Freier als Kunden und Zuhälter als Geschäftsleute betrachtet – und das von Prostitution als normalem Beruf spricht, ist es nicht vorgesehen, dass Männer zur Verantwortung gezogen werden, die sich Prostituierter bedienen.


Daran ändert auch die seit 2016 geltende Freierstrafbarkeit nichts, die in dem Fall eintritt, sofern ein Mann wissentlich Sex mit einer Zwangsprostituierten hat. Die Vorstellung, freiwillige Prostitution trennscharf von Zwangsprostitution unterscheiden zu können, geht an der Realität vollkommen vorbei, nicht nur weil eine Aussage des meist eingeschüchterten Opfers vonnöten ist.

Am ersten Verhandlungstag verwies der mutmaßliche Täter bereits auf geltendes Recht, indem er in seinen Ausführungen äußerte, dass er den Frauen lediglich die Hälfte ihrer Einkünfte entwendet habe. In diesem Rahmen gilt auch Zuhälterei in Deutschland als vertretbar und legal.


Die aktuelle Gesetzeslage kommt letztlich allen Profiteuren des Systems Prostitution, Menschenhändlern, Freiern und Zuhältern gleichermaßen zugute. Die betroffenen Frauen haben zugleich keinerlei Entschädigung zu erwarten. Denn weder finanzielle Entschädigung noch psychologische Hilfe ist für Betroffene vorgesehen.


Stattdessen wird weiterhin eine Kultur des Wegsehens und Relativierens gelebt, in der Prostituion als Sexarbeit und Prostituierte als selbstständige Arbeiterinnen bezeichnet werden.

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Unsere Mitteilung an die Koalitionäre von SPD, die Grünen und FDP

Am 5. November 2021 haben wir uns an die verhandlungsführenden KoaltionärInnen von SPD, die Grünen und FDP gewandt und unsere Forderungen für einen Perspektivwechsel in der Prostitutionspolitik geäußert:

Sehr geehrte Damen und Herren,

als Aktionsbündnis Nordrhein-Westfalen pro Nordisches Modell bestehen wir aus in NRW ansässigen Vereinen und Einzelpersonen, die im regelmäßigen Kontakt zu Betroffenen in der Prostitution stehen.

Meist trifft es sehr junge Frauen und Mädchen, die aus den ärmsten Ländern der Welt nach Deutschland gebracht werden, um sexuell in der Prostitution ausgebeutet zu werden. Ausländische Frauen sind Opfer von Zwangsprostitution und deutsche Freier beuten sie aus. Das ist sehr rassistisch.

Während der Covid-19-Pandemie hat sich erneut bestätigt, dass die liberale Gesetzgebung ihre Ziele weit verfehlt hat und die wenigsten Prostituierten finanziell abgesichert sind, meist steht nicht mal eine eigene Wohnung zur Verfügung. Und noch schlimmer: prostituierte Frauen wurden von Ordnungsämtern und Polizei aufgespürt und zu Zahlungen von Strafen bis zu 5.000 € verdonnert!

Deutlich wurde auch durch Medienberichte, dass die zahlreich in ihre Heimatländer zurückgeschickten Frauen keinesfalls freiwillig oder selbstbestimmt in Deutschland tätig waren, sondern Armut und Not der Frauen ausgenutzt wurden, um diese gutgläubig ins Land und schließlich in die Bordelle zu bringen. Die Ausnutzung dieser Notlagen wird im Rahmen der aktuellen Prostitutionsgesetzgebung weitgehend geschützt. Die Trennung von freiwilliger und Zwangsprostitution hat sich als in der Praxis nicht umsetzbar erwiesen, die Übergänge sind als fließend zu erkennen.

Täter und Profiteure haben freie Handhabe und Betroffene haben zugleich kaum die Möglichkeit, sich gegen legal handelnde Freier und Zuhälter zur Wehr zu setzen.

Dies ist nicht weiter hinzunehmen, wenn wir eine Gesellschaft anstreben, in der jeder Mensch – unabhängig seiner Herkunft oder des Geschlechts – geachtet und würdevoll behandelt werden soll.

Als Aktionsbündnis NRW pro Nordisches Modell fordern wir daher ein Umdenken in der Prostitutionspolitik:

  • Kriminalisierung und Sanktionierung von Profiteuren wie Freier, Zuhälter und Bordellbetreiber
  • Schutzmaßnahmen für betroffene prostituierte Menschen sowie Ausstiegshilfen und Bildungsangebote
  • Gesamtgesellschaftliche Aufklärung über die Auswirkungen der Gewalt in der Prostitution
  • Vollständige Entkriminalisierung von betroffenen prostituierten Menschen

Wir bitten Sie, die Chance der aktuellen Koalitionsverhandlungen zu nutzen, um sich für prostituierte Menschen und gegen das System und die Ausbeutung in der Prostitution auszusprechen.

Vielen Dank für Ihren Einsatz!

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5. Oktober: Internationaler Tag gegen Prostitution

Das neu gegründete Aktionsbündnis  NRW pro Nordisches Modell stellt sich vor

Am 05.10.2021, dem Internationalen Tag gegen Prostitution, der seit 2002 weltweit begangen wird, soll auf die dramatische Situation von Prostituierten aufmerksam gemacht werden.
Die tägliche sexuelle Ausbeutung von meist Frauen in der Prostitution gilt in Deutschland auch heute noch als berufliche Tätigkeit. In Freierforen kann die frauenverachtende Sicht der Freier auf Frauen und das Anspruchsdenken, das diese auf ihre „Ware“ haben, öffentlich nachgelesen werden.

Nachdem im vergangenen Jahr das Bündnis Nordisches Modell, das bundesweit über 45 Vereine, Netzwerke und Initiativen sowie zahlreiche Einzelpersonen aus der Zivilgesellschaft vertritt, gegründet wurde, haben sich nun auch in Nordrhein-Westfalenengagierte Kräfte und Organisationen zusammengeschlossen, um sich für Betroffene in der Prostitution stark zu machen. Das Aktionsbündnis NRW pro Nordisches Modell hat das Ziel, Menschen in NRW über die Situation von Prostituierten aufzuklären und ein Umdenken in der Prostitutionspolitik zu erzielen.

Die Engagierten weisen auf einen in NRW äußerst problematisch geführten Diskurs innerhalb der Landesregierung rund um die Thematik hin. So würden die Zustände der Prostitution in NRW bei einer Anhörung im Landtag Anfang des Jahres massiv verharmlost und die liberale Gesetzgebung verteidigt, politisches Handeln richte sich häufig sogar nach Empfehlungen durch Zuhälter und Bordellbetreiber.

Die BündnispartnerInnen von NRW pro Nordisches Modell fordern hingegen, dass Profiteure des Systems Prostitution kriminalisiert und zur Verantwortung gezogen werden. Nur so könne man, wie es in anderen Ländern bereits üblich ist, Prostitution nach dem Vorbild des Nordischen Modells eindämmen und den Perspektivwechsel in der Gesellschaft bewirken.  Menschen in der Prostitution hingegen sollen Unterstützung und Ausstiegshilfen erhalten. Eine Kriminalisierung der Prostituierten lehnt das Bündnis zugleich ab, da sich die ohnehin prekäre Lage der Betroffenen, die sich häufig in Notlagen oder gar unter Zwang befinden, nur verschärfen würde.

Es ist also an der Zeit endlich die Stimmen der Betroffen zu hören und Prostitution als das zu benennen, was es ist: Ein Verstoß gegen die Menschenrechte. Diese Botschaft will das Aktionsbündnis NRW pro Nordisches Modell landesweit am 5. Oktober 2021 auf die Straßen tragen. Aktionen wurden in Bielefeld, Dortmund, Düsseldorf und Köln durchgeführt.

Demonstration TdF Dortmund
Kreideaktion TdF Düsseldorf
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Voller Erfolg für die Sex-Lobby – warum NRW-PolitikerInnen weiter Prostitution und Menschenhandel fördern wollen

Die Anhörung zum Sexkaufverbot im Landtag am 14.01.2021 brachte keine ehrliche und faktenbasierte Diskussion über die Vor- und Nachteile eines Sexkaufverbots nach Nordischem Modell. Eine Sprecherin des Ausschusses für Gleichstellung und Frau wies zu Beginn der Sitzung auf die schier unglaublich hohe Zahl an Stellungnahmen hin.

Ein Versuch der Zivilbevölkerung, eine ausgewogene Diskussion zu ermöglichen. Denn wie der Aktionskreis Nordrhein-Westfalen pro Nordisches Modell schon im Vorfeld kritisiert hat, gab es unter den zehn geladenen Sachverständigen nur einen Vertreter, der das gewaltvolle und ausbeuterische System Prostitution erkennt und offensiv ein Umdenken in der deutschen Prostitutionspolitik fordert. Die jedoch im Vorfeld entschiedene Richtung, nur auf die Lebenswelt einiger Hundert SexarbeiterInnen zu schauen, verursacht eine vertane Chance für zehntausende Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution. Eine Vertreterin der FDP machte gleich zu Beginn deutlich, worum es in der zweistündigen Anhörung gehen sollte: Man rede nur über Sexarbeit und nicht über Zwangsprostituierte.

Dabei ist eine Trennung weder von Zwangsprostitution/freiwilliger Prostitution noch von Hellfeld/Dunkelfeld möglich. Unwissenheit, Falschinformation und Mythen über das Nordische Modell prägten die Anhörung.

Demonstration am Düsseldorfer Landtag am 14. Januar 2021

Unsere vollständige Pressemitteilung können Sie hier herunterladen: